Seitenempfehlung:
If you want to improve the EU, join Twelve Stars.. Überlegungen zu "Populismus" und Freiheit von Stefan Blankertz .
Wegbegleitungen nach der Postmoderne: Katja D.
Die Covid19-Pandemie verändert teifgreifend die Diskussions- und Debattenkultur. Sowohl im privaten wie im beruflichen Sektor sollen face to face Begegnungen minimiert und unter virologisch begründeten Abstandsregeln mit FFP2-Maske stattfinden. Die Zoomkultur bricht sich Bahn und meine Vor- und Nachteilliste ist nicht abgeschlossen. Gerne erinnere ich mich an die Zeit vor der Pandemie. Hier ein Beispiel aus der “guten alten Zeit”.
Michel Foucault hat mit seinem literarischen Archiv viele Fragestellungen aufgegriffen,die mich seit den 80iger Jahren umgetrieben haben. Machtkonzepte, Normalitätskonzepte, Psychiatriekonzepte vor dem Hintergrund sozialpolitischer Konflikte waren einige Topoi aus dieser Zeit. Ich denke gerne an die Diskussionen mit Katja Diefenbach (CV) in Berlin zurück. Ob Faucaults Biomacht- oder “Toni” Negris Empirekonzept, sie war mit ihren Diskussionsbeiträgen immer auf der Höhe der Zeit. Es ging um die notwendigen Fragen, wer steuert wie unsere “moderne” Gesellschaft ins 21. Jahrhundert und wie ist diesen Entwicklungen kritisch zu begegnen? Zur Bewusstwerdung des status-quo hat Katja Diefenbach kontinuierlich für die Verbreitung ihrer philosophischen Erkenntnisse in die Linke der 90iger und frühen Nullerjahre gesorgt. Die Wochenzeitschrift jungle-world lud sie oft zu aktuellen gesellschaftlichen und kulturellen Fragestellungen ein. Hier liegen ihre jungle-world Beiträge von 1997 bis 2001. Ihre Diskussionsbeiträge sind, soweit ich das überblicke, prozesshafte Momentaufnahmen ihres Denkens,die in späteren Veröffentlichungen eine Rolle spielten. Die Teilhabe daran war für mich ein Erkenntniszugewinn.
Sie arbeitet seit 2020 als Hochschullehrerin an der Viadrina in Frankfurt-Oder. Das Profil der Professur umfasst: Französische Philosophie und Epistemologie der Gegenwart, v.a. Poststrukturalismus, Dekonstruktion und Postmarxismus. Die Rezeption französischer Philosophie in Cultural, Postcolonial und Gender Studies. Kulturen-, Zeit- und Praxisbegriffe in ästhetischer und politischer Philosophie . Theorien der Transmodernität und Transkulturalität unter bes. Berücksichtigung gewaltgeschichtlicher, (post)kolonialer und kapitalistischer Vergesellschaftungsweisen. Wechselverhältnisse zwischen europäischer Philosophie- und Kolonialgeschichte. Theorien des Ereignisses und des Aufstands. Spinozaforschung. (…)
Die Veröffentlichungsliste gibt über ihre geistigen Beschäftigungen bestens Auskunft.
Ich bin im Nachhinein sehr dankbar für die bereitgestellten Denk- und Diskussionsräume,die auch Katja Diefenbach aufgefüllt hat. Der manchmal konfliktreiche Austausch,live und in der Gruppe brachte mir neue Erfahrungen und Erkenntnisse weit über das solitäre Studium der Textinhalte hinaus. Nun bildet sie junge Leute aus und ich bin gespannt,wann mir die ersten Studierenden ihrer Schule im Alltagsleben begegnen werden.
In den vergangenen Blogbeiträgen habe ich mich mit der Frage befasst,wie kommt die aktuelle Popmusik zu ihren Zuhörern. Eine zentrale These war, dass die virtuell vernetzte Musikszene mit vielseitigen Coverversionen zur Verbreitung der Popkultur beiträgt. Ein weiterer Effekt dieser Produktionspraxis ist die Verbreitung der eigenen Musikproduktionen in diesen Kontexten. Gut organisierte Künstler arbeiten mit Kameraleuten zusammen, die sich um die Produktion der Musikvideos kümmern – ein Extrapunkt, den ich unbedingt noch bearbeiten muss.
Heute frage ich mich,wie war das Früher, in den achtziger Jahren,ohne die vielseitigen virtuellen Musikquellen über die sozialen Medien?
Für mich spielten Freunde und das Radio eine wichtige Rolle bei der Entdeckung neuer und mir bisher unbekannter Musiken. Neben den Radiosendern BFBS und AFN der Alliierten waren die Nachtradiosendungen des WDR eine bedeutende musikalische Inspirationsquelle. Der britische Musikjournalist Alan Bangs schickte ein Mal in der Woche zwischen 22 und 3 Uhr seine Lieblingsplatten aus dem Kölner Radiostudio über den BRD-Äther in meine Kopfhörer.
Mein Selbstverständnis als Weltbürger fand im Sound von Alan Bangs bestückten Plattenteller einen musikalisch passenden Ausdruck, Nachteule war ich sowieso. Diese musikalischen Anstöße wurden durch Musikkassetten und Tonbänder aus meinem Freundeskreis ergänzt. Auf Reisen gab es auch immer wertvolle regionale Musiktipps und am besten waren ohnehin Live-Gigs von Musikern in Läden und Kneipen. Oder einfach auf der Straße, auf öffentlichen Plätzen und nicht zu vergessen an den Meeresstränden. Der Plattendealer des Vertrauens, Flohmärkte und Plattenbörsen rundeten die Musikvielfalt ab – auch wenn der Geldbeutel nie die Wunscherfüllung vollständig abbilden konnte.
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- alan bangs
Ohne das Nachtradio wären mir Sapho, die Kooperationen zwischen Captain Beefheart & Dr. John und Rebetiko aus Athen nur ein literarisches Erlebnis geblieben. Die Platten wirklich zu hören und für interessant zu befinden ist etwas anderes. Lernt man dann noch die Künstlervertreter und die Live-Hörerschaft später dazu kennen,ist das Musikerlebnis wirklich eine runde Sache. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk war seinerzeit ein kultureller Segen.

Aciiiid
In den späten Achtzigern und ganz frühen Neunzigern ergab sich in Berlin ein weiterer Nexus auf der Basis von Vinyl. In düsteren Kellerverliessen (a sort of dungeons) und spärlich ausgestatteten „Clubs“ wurden Plattenteller, Soundmashines, Stroboscope und Nebelmaschinen aufgestellt. Dj‘s und DJanes legten Platten auf und mischten eine neue elektronische Musikkultur zusammen, die irgendwann als Acidhouse bezeichnet wurde. Für mich war das für einige Jahre ein Soundteppich, der mich mit Freunden in Berlin, Manchester und London verband – für mich lief das ganz ohne Drogen ab. Die Partys wurden in GB über Kassiber (a secret message) oder kleine Zettel subkulturell verbreitet und man wusste um 20 Uhr noch nicht genau,wo später eine Party steigen wird. Die Cops hatten wir immer auf den Fersen, weil dieses Vergnügen von den Staatsorganen in England als illegal betrachtet wurde. In Berlin war das anders, dort konnten wir am Ende der Arbeitswoche auf Radio 100 von Monika Dietl die aktuellen “Raves” in der Hauptstadt vorgestellt bekommen und so den Kulturplan für das Wochenende zusammenstellen. Später kamen noch die DJ‘s aus Detroit als Zuckerguss hinzu. Der elende Abgesang hieß dann Techno. Nun ja.
Simon Rattle and Berlin

Simon Rattle & Daniel Barenboim via flickr
I come from classical music and always come back to her. In between, there is sound! (my musical motto)
I was a lucky guy in Berlin. Till yesterday we had two famous and encouraged conductors in this city. Daniel Barenboim and Sir Simon Rattle.
Yesterday Simon Rattle gave his farewell-performance from the Berliner Philharmoniker (2002 – 2018) in the Waldbühne at Charlottenburg. Together with his wife the soprano singer Magdalena Kožená from Prague. He gave his last concert as the head of this famous orchestra in the capital of germany. It was a very special evening,outdoor into the rainy berlin night. He started with George Gershwins “Cuban-Ouverture”, his wife sang beautiful songs of nature-experiences and love. (Setlist)
References and covers
The “Säbeltanz” from the armenian composer Aram Chatschaturjan has a special link to cinematic- and ballet-music too. In Billie Wilders movie “1,2,3” from 1961 this musicpiece was also given – there you can follow a not only music-cover from ballet to cinema. It was also an adaption as a frame in storytelling regarding the problems of communist inflicted persons with theire suroundings: In Chatschaturjan Ballet “Gayaneh” (1942), a communist woman with an alcoholic husband is dealing with daily challenges in a wild russian era. In Billie Wilders film we have a young communist guy who has to deal with love, a Coca-Cola Boss and the separation of Berlin into east- and west-part of the town in cold-war circumstances.
Music with the masses
In 2003 Rattle gave the Stravinsky Ballet “Le Sacre du printemps” with 250 students of 25 nations from Berlin Schools from primary- to high-school grade. The combination of professional dancers with armateure pupils/students implemented the Philharmoniker and serious music into the young hearts of Berlin and so classical music is a matter of all berlin citizens. A great step to hold this music alive in the next generations.
Pre-production, rehearsals, genre rehearsal and performance at the ARENA will be featured in the documentary “Rhythm Is It!” from 2004, they are demonstrated in a comprehensible way. The dialogue of Gene Kelly with the french kids in the song “I got rhythm” is 67 years old. In Rattle’s staging in 2003, the young people are no longer just listeners but actively participate in the staging – after hard dancing rehearsals. So the movietitle is not an accident or coincidence. It follows an artistic thread that aptly describes youth participation in the art process.
In the end, as usual in the last performances in the Waldbühne, Paul Linckes “Berliner Luft” was given as the last piece to bring the guests out of the place . So the 20 000 guests were guided directly home via Metro, Stadtbahn, Bus or car.
So, dear Berliners, if you met masses of enchanted persons dressed in raincoats, do not be afraid. That were classical music addicts.
After 16 years with the Berliner Philharmoniker Rattle moves professionally to London, but he will stay residently in Berlin with his wife and the three children. A few days ago, the Orchestra farewelled Rattle with a very special donation, an original transcription of Haydns “Schöpfung” from 1800. Symbolically it is a gift for a professionell upcoming home, even to the Island where Haydn worked the former days.
Now a unique conductor leaves the city, he was following an idiosyncratic way of thinking. Having brought a prussian orchestra in that direction seems surreal. I can hardly believe it today, but it was a time of dawn into the 21st century and I had many occasions to be there. Thank you very much, Sir Simon Rattle for that opportunity 😉
The Press: Das Ende der Ära Rattle von Frederick Hansen
aus der alten welt
Aus aktuellem Anlass kann ich mir eine Replik auf das europäische Kulturjahr 2004 nicht verkneifen.
Theodoor „Theo“ van Gogh war ein niederländischer Filmregisseur, Publizist und Satiriker. Er wurde am 2. November 2004 vom islamischen Fundamentalisten Mohammed Bouyeri ermordet.
Theo van Gogh hat in diesem Jahr einen Film herausgebracht: “Submission: Part I ”
A short film on the mistreatment of women in the Islam. It shows abused women, with Koran texts on their bodies that validate their mistreatment. Director:Theo van Gogh. Writers: Ayaan Hirsi Ali (scenario), Theo van Gogh
aus der neuen welt
Berlin Tegel, New York JFK, Washington Dulles, Paris Charles-de-Gaulles und Berlin Tegel waren meine Flughaltepunkte im Mai 2018. Ich mag weder Flughäfen noch diese dort stattfindenden Proceduren. Weite Reisen sind ein einzigartiges Ungemach,somit auf keinen Fall Selbstzweck. Eine Schiffspassage wäre schlicht und ergreifend zu langwierig und der Landweg in den USA ebenso. Also habe ich in den sauren Apfel gebissen und die neuen Eindrücke rechtfertigten den Aufwand. Ein Lichtblick war in Paris Charles de Gaulles zu verzeichnen: Ich konnte mir mit zwei Damen aus Russland und einem Perser im Terminal D in einer verglasten Raucherzelle nach 12 Stunden endlich eine Zigarrette anstecken. Das Unterhaltungsprogramm von Air-France auf dem Rückflug war optimal auf meine Interessen zugeschnitten. Ich hatte endlich die Gelegenheit, die WK-II – Spielfilme über Winston Churchill und Dunkirk anzuschauen – hier die Filmkritik von James Heartfield. Merci vielmals nach Paris.
Memory Lane I
Ich achte an den USA die liberale Grundhaltung seit der Unabhängigkeitserklärung von der englischen Krone in 1776. Diese Abgrenzung von Absolutismus und feudaler Kolonialisierungspolitik aus old-europe hat die Moderne erheblich voran getrieben. Nicht wenige Europäer haben den Weg in die Neue Welt gesucht,weil sich die Alte Welt als unnützlicher Ort zum eigenen Vorankommen erwiesen hat. Unterdrückung, Hungersnöte und wenig Zukunftsperspektive führten Viele aus Europa über den grossen Teich in die USA. Dies ist das nun auch von mir genutzte historische Band, denn ein Teil meiner Familiengeschichte kreuzt sich an diesen Bruchstellen.
Ich bin überzeugter Europäer mit transatlantischer Verbindung in die USA und nach Kanada. Die aktuelle Zerstreuung dieser Kooperationsidee durch nationalistische, populistische und schlicht hasserfüllte Konzepte schmerzt mich sehr. Die Beschleunigung des Kapitalismus und die voranschreitende Digitalisierung unseres Alltags sind für mich keine hinreichenden Begründungen für diese Zerfallserscheinungen. Vielmehr können Vertrauensverluste in Institutionen und psychotische Verarbeitungen im politischen Raum diese Zersetzung besser beschreiben.
Rettungsring Blogosphäre
In der digitalen Epoche der Forumsdebatten und später in der Blogosphäre hat Zettel diese Tendenzen immer beschrieben und kritisiert. Er ist am 25. Februar 2013 gestorben,sein Blog Zettels-Raum wird von seinen Freunden in seinem Sinne weiter geführt. Unsere Blognachbarschaft hat er in einem Text 2007 vortrefflich zusammen gefasst. Aktuell erinnert mich das Aisthesis-Blog und bersarin – ich habe sein Blog seit 2009 auf meiner Linkliste – an diese Qualität in Analyse, Kritik und Grundhaltung. Sein kürzlicher Kommentarbattle mit den Charaktermasken des Antiimperialismus am Beispiel 70 Jahre Israel haben mein Herz gewärmt und ich bewundere seine Aufrichtigkeit, nicht nur in dieser Angelegenheit. …
Off-Topic aber trotzdem wichtig!
Uppps, in diesen Beitrag hat sich Code eingeschlichen,den ich nicht mehr loswerde. Sei es drum. Ja, ich bin Fan der Star-Trek-Saga – die Kinofilme habe ich alle gesehen, bei den Serien habe ich massgebliche Lücken. Der Serie Star Trek: The Next Generation konnte ich noch folgen. Hier spielte Wil Wheaton den Fähnrich Wesley Crusher. Den Älteren kann der Schauspieler auch aus dem 1986 veröffentlichen Spielfilm “Stand by me” bekannt sein. Eine hervorangende Nebenrolle hat er in der TV-Serie “The Big-Bang-Theory III-XI” gespielt – hier hat er Dr. Dr. Sheldon Cooper erheblich angestrengt. Nun hat Wil Wheaton seine chronische Depressionserkankung und Angsterkrankung öffentlich gemacht und er kann sich glücklicher Weise nicht (mehr?) dafür schämen:
Erste Eindrücke aus den USA
Ich hasse das Fliegen in grossen Flugzeugen, es ist wie ein Aufenthalt in einem Gefängnis. Alleine diese Sicherheitsproceduren nötigen mir jede Würde ab. Folglich geschieht das nur aus sehr wichtigen Gründen.
Ein bedeutender Teil meiner Familie lebt seit Jahr und Tag in den USA. Von Iowa über Washington, Baltimore bis Virginia hat die liebe Verwandtschaft an der Ostküste ihre Spuren hinterlassen. Trump spaltet die Gemüter, aber Keiner will wirklich auswandern wegen dieser für viele Amerikaner überraschenden Wahlentscheidung im letzten Jahr.
In Virginia hatte ich die Gelegenheit, die Prom der Schüler mit zu erleben. Hier putzten sich die jungen Leute aus der Mittel- und Oberstufe richtig fein heraus und feierten öffentlich mit ihren Schulangehörigen und mit den Verwandten den Höhepunkt des Schul-Terms vor den Abschlussprüfungen. Entscheidungen über Berufswege oder weitere Bildungswege sind zu treffen. Vom Aufwand ist das mit den hiesigen Abiturabschlussbällen in etwa vergleichbar. In der Nähe traten am Samstag die Wailers auf und ich kam mit vielen Jugendlichen über Bob Marley, die siebziger und achtziger Jahre im jugendlichen Popkulturbetrieb ins Gespräch. Bob Marley – in meiner Jugend haben wir die letzten Spargelder für ein Konzert locker gemacht – ist hier nicht sehr bekannt unter den jungen Leuten und ich hatte das Ziel, über deren aktuelle Musikinteressen mehr zu erfahren. Meine Befassung mit Youtube als Plattform für Musikproduzenten auch in der Jugendkultur war hier hilfreich. Mir wurde Gelegenheit gegeben, einige Musiktitel aus old-europe beizusteuern und das wurde nicht als Risiko sondern als Bereicherung angesehen. Neben aktuellen Coversversionen kamen auch Originaltitel von HRVY, Malu Trevejo – Hasta Luego (Official video) + Personal, Roadtrip COVERS und Bars&Medoldy Beliebte Videos auf die Playlist. Mir wurde bedeutet: Die Leute wollen Tanzen, Spass haben und ihre vielfältigen kulturellen Hintergründe auch in ihrer Musik wieder neu erleben. Die Eltern von zwei Schülern stellten grosszügige, vollklimatisierte Veranstaltungsräume zur Verfügung – eine riesige Erleichterung bei diesen schwül-heissen und regenreichen Wetterverhältnissen im Süden der USA. Auch aus Europa kommen Bausteine für eine US-Musikkultur, die mit dem Begriff Multikulturell nicht im Ansatz hinreichend beschrieben ist. Später hat ein Junge aus einer koreanischen Familie Popmusik aus Asien (K(orean)-Pop) – exemplarisch BTS mit wiki – gemixt. Die Leute waren sowas “von den Socken” und nach kurzer Einschwingphase war der Pit nur noch am abzappeln, ein herrrliches Bild !
Aber nicht nur die Jugend ist durch Popmusik erreichbar. Ich sass abends beim TexMex-Abendessen in einer freundlich plaudernden Runde. Der Senior am Tisch suchte in seinem Smartphone nach der Künstlerin mit dem “Havanna-Unana-Refrain” und wir kamen auf Camilla Cabello’s Hit aus dem letzten Jahr zu sprechen. In diesem Zusammenhang hat nicht nur die eingepflegte Trompete den Ausschlag für den älteren Herren gegeben, den Latin-Hit in seine Lieblingsmusik einzuordnen. Die beste Interpretation erschien uns Beiden ihr Auftritt bei Jimmy Fallon im Rockefeller Center in NYC im September 2017 zu sein. Mir persönlich wurde der Song durch ein Cover von Bars&Melody aus England erstmals bekannt gemacht. So sind die Wege im Zeitalter der sozialen Medien vielseitig, die Popmusik kommt auf unterschiedlichen Wegen zum Hörer. Ob als Cover oder Original ist eher abhängig von den genutzten Kanälen.
Zu RoadTrip gibt es noch folgende Hintergrundinformation. Blair Dreelan (Ex-Sänger von 2011 bis 2012 bei East17) produziert seit einigen Jahren RoadTrip und HRVY unter dem Dach von ALPHADOG MANAGEMENT LIMITED (Company #08237662) in Berkshire, England. Blair baut seine Künstler mit Fürsorge und Nachhaltigkeit auf. Er sorgt für das technische Equipment, Vertragsfragen und ein künstlerisch produktives Arbeits- und Wohnumfeld. Seit Herbst 2017 hat HRVY einige Hits in den britischen und US-Charts, aktuell erobert er Australien mit seiner Musik. Ab den 2013ern könnte er dem Einen oder Anderen auch bei Children-BBC begegnet sein. Dort haben auch Bars&Melody ab 2014 regelmässige Moderations- und Gesangsjobs übernommen und mir wird die dialektische CBBC-Diskussion in 2015 über Sinn oder Unsinn des täglichen Bettenmachens ewig im Gedächtnis bleiben. Wir können auch hier einem transmedialen Netzwerk bei der Popkulturarbeit wieder quasi über die Schulter schauen. Simon Cowell und Ed Sheeran sind seit 2010 immer wiederkehrende Figuren im globalen Popzirkus und deren Produkte gehen auch wieder eigene Wege.
Coverversions
Es gibt Lieder und Texte,die begleiten mich seit Jahrzehnten und ihre unterschiedlichen Interpretationen bewegen mich immer wieder. “S.O.S d’un terrien en détresse” von Luc Plamondon und Michel Berger ist so ein Lied. In deutsch bedeutet der Titel etwa “SOS von einem Erdbewohner in Not”. Die Interpretation von Daniel Balavoine auf dem Album “Balavoine Balavoine ” war meine erste Begegnung mit dem Lied und seine Aussagen trafen in den späten siebziger und frühen achtziger Jahren auch bei mir auf grosse Resonanz. Der Song hat bei mir die technischen Entwicklungen vom Tonband, Musikkassette, CD bis hin zum MP3-Format immer mit gemacht. Also einer meiner Evergreens.
Anfang 2006 hat mir die Version von Gregory Lemarchal aus der französischen Gemeinde La Tronche sehr gut gefallen. Jeder wusste um seine Lungenerkrankung und seine viel zu kurze künstlerische Karriere war eng mit seiner begrenzten zu erwartenden Lebenszeit verbunden. Der Song hatte eine sehr persönliche Aussage, weil er sich in seinem Körper sicherlich nicht richtig wohl fühlen konnte. Er starb am 30.4.2007 mit 23 Jahren an Mucoviszidose. Ein Tag, der sich am kommenden Montag zum elften Mal wiederholt und ich bin immer noch sehr traurig über den tragischen Lebenslauf dieses Menschen.
Ich empfinde es als mein persönliches Glück, dass ich mich seit einigen Monaten global mit dem Format der Talentshows befasse. Als ich im Januar 2018 “Bars&Melody” entdeckte, wusste ich nicht genau, wohin mich diese Reise führen wird. Ohne diese Fokussierung wäre ich gestern wahrscheinlich nicht rechtzeitig auf den Talentshowgewinner Dimash Kudaibergen aus Kasachstan gestossen. Dimash (*24. Mai 1994) hat mit seiner Interpretation von “S.O.S d’un terrien en détresse” das TV-Publikum 2017 in China und Frankreich erobert. Die virtuelle Würdigung dieser Perfomanz fassen für mich am besten die Brothers zusammen, Dimash haut die Beiden wirklich vom Stuhl – so ging es mir auch: DIMASH – A SOUL’S PLEA FOR HELP (REACTION) . Bemerkenwert ist auch: Egal von welchem Kontinent auf diese Interpretation reagiert wird, gemeinsam ist ein unglaubliches Erstaunen über den weiten Range von Dimashs Stimme. Er kommt global gut bei den Zuschauern an.
Seit gestern bin ich davon überzeugt, Dimache Kudaibergen ist wieder ein Coverinterpret für die kommenden Entwicklungen der Musikträgertechnik in der Zukunft. Das Video auf Youtube hat mich vom Stuhl durch das Dach in den Weltraum katapultiert – hier ist eine Referenz zu der intergalaktischen Opernsängerin im Blockbuster “The 5th Element” mit Bruce Willis angebracht. Ich habe in meinem ganzen vergangenen Leben noch nie eine solche beeindruckende Stimme in der Popmusik gehört – und ich bin von Klassik bis Deathmetal in fast allen Genres zu Hause. Zum Vergleich fallen mir nur die Countertenöre ein. Es ist Unsinn zu behaupten, es gäbe keine ansprechende Weiterentwicklung in der Musikwelt und man müsse zwangsläufig am Alten festhalten. Altes – das Lied von Daniel Balavoine – und Neues bringen manchmal Ergebnisse, die mich in die Zukunft oder direkt in den Weltraum tragen können. Dimash ist so ein Fall. Ich bin dabei, den Echo2018 wegen musikalischer Belanglosigkeit zu vergessen.
Echo & die Häschen Männer *
Welche Bedeutung hat eigentlich für dich Rapmusic ? Diese kollegiale Frage verursachte diesen Text.
In den frühen 80igern habe ich die Rocksteady Crew in einer Turnhalle in New York City bei ihren Übungen gesehen,im Central Park waren Electric Boogie und Streetdance Performer auch immer unterwegs. Aus Heidelberg kam mit Advanced Chemistry die Frage nach Integration, Identität und Achtung für Migranten endlich auch auf die Tagesordnung – Moses P,ich weiss wo dein Haus wohnt!
Diese Begeisterung an Bewegung zu HipHop Musik habe ich in der Nachwendezeit wieder bei den “Flying Steps” am Breitscheidtplatz und später in der “Berliner Hip Hop Fraktion” in Kreuzberg bemerkt. Ich bin mit Grandmaster Flash, A Tribe Called Quest und den Beasty Boys fast erwachsen geworden.
In Berlin haben mich Justus Jonas, Boba Fettt und Der Staiger am Ball gehalten, 1000 Debatten über Frauenfeindlichkeit und Homophobie im Westberliner Battlerap führten zu Null neuen Ergebnissen.

„Bomben bis der Arzt kommt“ Bombing by CBS right next to Gesundbrunnen Station
Quelle: STREETART BERLIN Bombing by kripoe (1995-2005)
Nun gab es auch andere Erfordernisse als Moves, Bars und Vibes: Es ging um die Verschönerung von Freiflächen an Brücken und Autobahnabfahrten und die Bekämpfung von Nazitags im Wohnumfeld. Es waren verdammt gute Sprayer unter diesen Battlerappern und unter der Gasmaske musste man nicht viel reden sondern gute Bilder und Bombings fabrizieren. Ohne diese Leute wäre ich nicht an Hakan&Illusion aus München geraten, die Beiden haben mir bessere Beatz und Texte in die Hauptstadt geschickt und meine Errungenschaften des neuen Jahrtausends waren die Plattform HipHop-Partisan und vor allen Dingen NMZS – dieser Rapper hat Flügel – und Koljah aus Düsseldorf, die mich am Rap in Deutschland eben nicht verzweifeln liessen sondern wieder Hoffnung gaben.
Mein Problem waren nie die Fantastischen Vier. Sie sind nicht mein Fall, aber sie richten kaum Schaden an. Die geistigen Brandstifter für Antisemitismus, Judenhass, Schwulenhass und Frauenfeindlichkeit in der Jugendkultur sind nicht nur die Gangsterapper. Um die Mitte herum treffen sich Antiimperialismen jeglicher Couleur: Hier wachsen Verschwörungsideen von einer angeblichen zionistischen Weltordnung mit den Populisten von AfD und CSU zusammen. Und selbst eine friedensbewegte Grüne kann sich in der Israelkritik mit dem Erdoganwähler aus dem nachbarschaftlichen Gemüseladen in ihren Weltverbesserungsidealismen messen.
Nun hat auch Daniel Barenboim – ein Musiker und Dirigent,den ich hier in Berlin sehr schätze – die Echos für seine Projekte (West-Eastern Divan Orchestra) zurück gegeben. Und ich sehe mich genötigt, den Rap auch als Kunstform in unseren Breiten gegen seine ärgsten Ausbeuter und Feinde zu verteidigen. Die Bushidos und Kollegahs, die mit schlechten Bars und ohne jegliche Stimme nur Abwertung, Opfermythen in Tüten und NWO-Ideologie; letztendlich ein “Brother against Brother- Konzept” in die Köpfe unserer Kids legen. Das hat mit Hip Hop – Kultur und mit Musik weniger zu tun. Es ist eher das Ausbleiben eines europäischen Glücksversprechens auf ein wirklich besseres Leben, das ohne Störenfriede (Flüchtlinge, Juden, etc..) nicht auskommen mag. Hier bewegen sich Kollega und Konsorten wie ein Elefant in einem Porzellanladen, aus dem das Porzellan und die schönen Regale schon längst heraus getragen wurden.
Im Januar war ich im Columbia-Theater und konnte ein neues Musikformat in der Generation-Zero – Rap und Gesang – Bars and Melody aus England erleben. Mir ist es tausendmal lieber,wenn sich junge Leute ermutigende Musik gegen Mobbing und für die Erfüllung ihrer Liebeswünsche ‘reinziehen als diesen Auswurf an Hass. Dieser aktuell in Rede stehende “Gangsterrap” im teutonisch-migrantischen Gewand ist ohne Frage kommerziell erfolgreich und der Leumund des Echos ist mir ehrlich gesagt gleichgültig. Wenn die Musikindustrie in Deutschland der Auffassung ist, sich exponiert Antisemiten anzubiedern, ist das ein treffliches Aushängeschild des hiesigen kommerziell potenten Kulturverständis.
Aber Hass führt in die Irre, ist psychisch destruktiv und vermittelt Werte,die für eine tragfähige Zukunft in einer sonst eher kalten Welt nicht hilfreich sein können. Und von einer Idee vom persönlichen Glück ist man damit auch Lichtjahre entfernt. Vor allen Dingen: Damit gewinnt kein Mensch Liebe oder Freunde !
UPDATE 25.4.2018: Der Echo schafft sich selber ab. Er hat Schaden genommen und verantwortlich dafür sind nicht etwa die Jury 2018, die zurückgegebenen Echos oder Campino.
Dieser “Leuchtturm” Echo hat also nicht etwa Schaden genommen,weil die Industrievertreter lupenreinen Antisemiten eine Plattform geboten haben,sondern weil dieser Antisemitismus und die anderen Ekelhaftigkeiten auch so von der Öffentlichkeit wahrgenommen wurden. Also, wenn ihr mich fragen würdet,ob der angedrohte Nachfolgepreis weniger ekelhafte Überraschungen bereit halten wird, müsste ich nach dieser Presseerklärung mit NEIN antworten. Zur Meinungsfreiheit gehört,das Kollega und Konsorten ihre dubiose Musik produzieren und verkaufen können. Inhaltlich muss man diese Ideen aber fronten und kritisieren und deren Epigonen zumindest mit der notwendigen Aufklärung belästigen, welche Ideologien sie dadurch teilen.
Jan Wiele von der FAZ ist da etwas gnädiger:
Ich bin jedenfalls gespannt,wer aus der Schreiber- und Denkerzunft sich für so eine durchsichtige Debatte ab Juni 2018 hergeben wird? Für Vorschläge wäre ich schon heute dankbar.
Death in Chicago. Tears in Washington.
Moishe Postone ist tot. Die Herrschaften von KONKRET haben einen Nachruf und ein letztes Interview mit Postone ins Netz gestellt.
Auf der Homepage der Universität Chicago kann sein Hauptwerk nachvollzogen werden. Ohne Ihn und manche Andere wären die letzten 30 Jahre eine linksintellektuelle Ödnis geblieben. Schutzgötter im Bücherregal und hoffentlich auch im strukturierten Denken.
Danke und Farewell Moishe Postone.
UPDATE: Stephan Grigat hat zum 29.03.2018 in der jungle-world #13/2018 einen vortrefflichen Abschiedstext veröffentlicht: Ein Nachruf auf den Theoretiker Moishe Postone. Revolutionär der Antisemitismuskritik. Er war einer der radikalsten und höflichsten Theoretiker der Linken. Zum Tod von Moishe Postone, dem diese Zeitung viel zu verdanken hat.
Der gestrige “March for our lives” in Washington hat mich weiter beschäftigt.
Auf der Abschlusskundgebung hat Emma Gonzalez nach einem kurzen Statement mehrere Minuten stumm in die Menschenmenge vor dem Podium gestarrt. Sechs Minuten und 20 Sekunden schwieg Emma Gonzales. So lange dauerte das Massaker an ihrer Schule in Parkland/Florida. Ein Gedenken an die Zeitspanne, in der sie und die betroffenen Schüler den Horror des Massakers ertragen mussten.
Stille ist auch ein probates Mittel,wenn man eine Fülle von Interessen, Meinungen und Befindlichkeiten unter einen Hut bringen will. Ich kann mir kaum vorstellen, wieviele Strömungen auf Emma in den letzten Wochen eingeprasselt sind. Neben den Betroffenen an der Schule in Florida – die sich noch inmitten der Wut, Verzweifelung und Trauer über die Toten und Verletzten befinden – sind sicherlich noch die Kampagnenunterstützer und die Medien an sie heran getreten. Und wahrscheinlich sind auch jede Menge Haßerfüllte über sie hergefallen. Unter so einem Druck den Fokus auf die Kampagnenziele zu behalten ist schon für Profis schwer. Für eine Schülerin muss das ein fast unaushaltbarer Druck sein. Dann stand sie gestern auf dem Podium wie ein Fels in der Brandung und schaut still mit Tränen im Gesicht in die Menge der Kundgebungsteilnehmer. Eine zukunftsträchtige junge Frau ist nun auf dem Politparkett der US-Öffentlichkeit angekommen und ich verfolge gespannt ihren weiteren politischen Weg.
Deniz Yücel bedankt sich
Ich hatte eine Karte und war dann doch so lange mit den Kids in Washington beschäftigt. Mein Ticketkaufpreis blieb ein Soli-Beitrag für diese wundervolle Veranstaltung des Freundeskreis Free Deniz. Ich bin froh,dass er wieder in Freiheit und hier in Berlin zurück ist. Ich denke an die vielen Diskussionsveranstaltungen mit ihm,seine anregenden Beiträge in diversen Zeitungen und Flugschriften der letzten Jahrzehnte. Er ist immer im Thema geblieben,ich habe mich meinen privaten Baustellen gewidmet und im Festssal Kreuzberg hätten sich die Wege wieder kreuzen können. Ein anderes Mal vielleicht.
Die Berliner Zeitung “Erster Auftritt seit Haftentlassung Deniz Yücel: „Hauptsache, man ergibt sich nicht“ und der Tagesspiegel ” Deniz Yücel: “Es ist schön, nicht alleine zu sein” haben sich von der Veranstaltung journalistisch menschelnd aber immerhin zeitnah gemeldet. Was bleibt,ist die Gewissheit: Es gibt hier in Deutschland und insbesondere in Berlin immer noch Leute,die wissen was Solidaritätsarbeit ist und sie auch umsetzen können und wollen. Auf die deutsche Diplomatie kann man nicht setzen – hier gibt es über die Jahrzehnte seit Gründung der BRD eine lange Akte an Schweinereien; auf Regierungspolitiker auch nicht. Und die absolute Ritterin der traurigen Gestalt ist Angela Merkel, die jeden Kompass für Humanismus und Veratwortungsgefühl für ihre Mitbürger verloren hat – bei dem ertrunkenen Kind im Mittelmeer hatte sie ihn für die Kriegsflüchtlinge noch vorübergehend in der Tasche. Da macht sich die Kaufmannsseele des verflossenen Aussenministers aus Goslar fast blass aus.
Auf die osmanischen Grossmachtsphantasien Erdogans – nach innen Ausnahmezustand und nach aussen Krieg gegen Syrien, Irak und die Kurden – und die Willfährigkeiten bundesprepublikanischer Aussenpolitik nur soviel: Wer den kurdischen Anti-IS-Koalitionären Handfeuerwaffen und Gewehre, dem türkischen Staat aber Leopardpanzer und Artillerie liefert, der hat seine aussenpolitischen Schwerpunkte deutlich dokumentiert. Das ist für mich politisches Gesindel. So tief kann die europäische Laterne doch unmöglich hängen bleiben?
Nach dem Schulmassaker in Florida …
Nach dem Schulmassaker im Februar 2018 an der Stoneman Douglas High School in Parkland Florida hat sich bewegungstechnisch einiges getan. Ausgehend von den Schülern der betroffenen Schule hat sich eine Jugendbewegung für einen Wechsel in der US-Waffenpolitik über alle Bundesstaaten ausgebreitete – manchmal mit Billigung der Schulleitungen,manchmal gegen ein Demonstartionsverbot verstossend. Schüler gingen mit ihren Anliegen nach Sicherheit an den Schulen und schützenden Waffengesetzen in vielen Bundesstaaten auf die Strassen. Ein müheseliges Geschäft,bisher haben Waffenlobbyisten jede Änderung der Gesetzgebung zu verhindern gewusst. Heute stehen hunderttausende Jugendliche im Regierungsviertel von Washington – ich habe die Kundgebung via Washington Post Live auf youtube verfolgt. “March for Our Lives“, eine von den Überlebenden des Florida-Massakers organisierte Kampagne, hat den Auftakt für die politisch intendierte Verschärfung der Waffengesetze medial in die Wohnzimmer aller Bürger der USA gebracht. Es ist ein politisches Angebot einer ernsten Jugend an die selbstbeschäftigte Erwachsenenwelt.
Wir erinnern uns an die vielen Toten an der Columbine High School im April 1999 und die lächerlich wirkenden Strategien der verantwortlichen Nichtstuer, Computerspiele und Marilyn Mansons Musik für die Amokläufe der Schüler verantwortlich zu machen. In 2018 steht die Jugend der Generation-Z auf der Matte, sie lässt ihr Interesse nach Sicherheit nicht mehr mit verblödenden Kampagnen wegreden. Einer Stigmatisierung psychisch Kranker geht man jedenfalls nicht auf den Leim. Die Situation ist Ernst, jeder will morgens aufstehen, seinen täglichen Geschäften nachgehen, ohne die Angst zu spüren, Opfer eines Amoklaufes zu werden. Das ist schon längst kein privates Problem mehr und die Schüler der Highschool in Florida haben enttäuschende Erfahrungen mit der örtlichen Polizei und der Politik im Verlauf des aktuellen Massakers machen müssen. Der weitere politische Verlauf des Rufes der Jugend nach “Change!”, “Save people,not weapons!” und “Stop the Killings!” gerät nun in die traditionelle Mühle zwischen Demokraten und Republikanern unter Präsident Trump. Wenn die Jugendlichen es schaffen, die Senatoren und Politiker zu aktiven Entscheidungen zu zwingen,wäre eine friedlichere Gesellschaft möglich. Ich wünsche das sehr und mutige Menschen wie Emma Gonzalez aus Florida, Popkünstler und die vielen Demonstranten heute in den Strassen von Washington geben zu dieser Hoffnung auch Anlass. You made my day!
Frühjahrsputz
Die Hälfte der Links lief ins Leere,ich habe dort nun aufgeräumt. Es haben sich doch einige vertraute Blogger*nnen aus dem Staub gemacht. Neben jüngerer Popmusik hat mich der 68er-Text von bersarin angefixt. Ich blogge mit Unterbrechungen seit 2004,davor fühlte ich mich in Foren, bei IRC, ICQ und vor allen Dingen im real-life auch wohl.In den letzten vier Jahren standen der Abschied von den Eltern und die Planungen für neue Wege im Berufsleben im Vordergrund. Nun ist der Kopf freier und ich mache hier wieder weiter.
Sylke Tempel,farewell

Das letzte Treffen mit Sylke Tempel ist schon ein paar Jahre her,eine Diskussionsveranstaltung zum Iran irgendwo in Berlin-Mitte. Ihre Beiträge waren wie immer präzise und auf den Punkt genau argumentiert. Die schon damals sehr angesagte Äquidistanz zu Israel war ihr fremd. Nicht nur für diese Stringenz habe ich sie immer sehr geschätzt. Es gab bei ihr kein ideologisches Kaufmannsgeschacher. Nun ist es zu spät, es wird keine Treffen oder Debatten mit ihr mehr geben. Sylke wurde gestern von einem Baum erschlagen und ich kann das nicht fassen: In Tegel von einem BAUM!
Nachrufe gibt es z.B. von Shimon Stein , Arbeitgeber in Berlin , DGAP-Direktorin Dr. Daniela Schwarzer
Deniz Yücel
Ronald M. Schernikau im RBB
Mit 6 Jahren aus der DDR von Mutti in die BRD nach Hannover verbracht, mit 26 Jahren die Rückkehr nach Leipzig als Literaturstudent in den ausklingenden Realsozialismus, mit 31 Jahren an AIDS gestorben. Claudia Müller hat eine Doku über Ronald M. Schernikau abgeliefert. Freunde und WeggefährtInnen kommen zu Wort. Wer in den 80ern und den frühen wendeneunziger Jahren im Berliner Kulturuntergrund unterwegs war,konnte den überzeugten Kommunisten treffen. Den Pressekonsumenten wurde der schwule Literat in Zeitungen und öffentlich-rechtlichen TV-Beiträgen bekannt gemacht. Es bleiben seine Literatur und seine Einlassungen auf diversen Veranstaltungen.
Drei interessante Phrasen von damals für heute:
- Können Kommunisten einen Sozialismus aufbauen,vor dem die Leute nicht weglaufen?
- Die Dummheit der Kommunisten ist kein Argument gegen den Kommunismus!
- Wie kommt die Scheisse in die Köpfe der Leute?
Alles was ich weiss,ich habe einen DDR-Ausweis
Die Doku: Verliebt in die DDR
Mi 11.02.15 00:15 | 44:09 min | verfügbar bis 18.02.15
Apropos Berlin: Westberlin geht auch den Bach hinunter
je suis nico

nun hat sich nico sarkozy doch wieder in das spiel der französchen öffentlichkeit gebracht. anlass war der trauermarsch für die opfer des charlie hebdo attentats in paris. dort ging es ja um vieles: die pressefreiheit, die dokumentierte gegnerschaft der pariser strasse gegen das mordgesindel, für nationalen zusammenhalt, etc..
in den vip-block dieser manifestation der regierungschefs hat sich nico als abgehalfterter ex-präsi hineingemogelt wie fler an das rapmikrofon. was der royal-bunker für fler war, das ist twitter nun für sarkozy, mein lieblingsfoto aus den tweets habe ich hier mit abgelegt. sarko war also auch mit dem dude beim bowling. soso…..
Charlie et la republique
Es ist schon ein krasser postmoderner Ritt von Charlie Brown und Charlie Hebdo hin zu zwei djihadistischen Mordmassakern in einer Zeitungsredaktion und einem jüdischen Supermarkt. So eine Räuberpistole können sich nur Illuminaten oder islamistische Mordbrenner ausdenken. Auf das unten stehende Foto bin ich auf einer britischen Zeitungsseite gekommen. Immerhin werden die konkreten Anschlagsopfergruppen im Foto einbezogen (upps, 3 Flics). In den Strassen von Paris scheint sich ja heute doch eher der französische Staat als Opfer zu empfinden. Nun ja, der iss ja ooch ein Subjekt.
Nun haben die Mordbuben des radikalen Islamismus wieder in Europa zugeschlagen – London und Madrid sind noch in schmerzlicher Erinnerung. Karikuratisten und Kunden eines jüdischen Geschäfts wurden letzte Woche exemplarisch von drei Djihadisten in Paris hingerichtet und drei Sicherheitskräfte mussten auch dran glauben. Deren Agenda wird aktuell in Syrien und Irak mit hoher Publizität vom IS durchgeschlachtet. Kurden,Christen und Schiiten haben dort dafür schon mit hohem Blutzoll bezahlen müssen.
Ich bin beeindruckt von der grossen Anzahl der Demonstranten in Paris, die sich hinter die Angehörigen der Mordopfer und die Republik stellen. In eine gesellschaftliche Spaltung a la Marie LePen mag sich dort keiner einreihen wollen. Wie sich Holland oder Merkel dort staatspolitisch an der Demospitze präsentieren,scheint Ausdruck des zeitgenössischen europäischen Gedankens zu sein. Es treten Netanjahu und Abbas in einer EU-Demo auf, Netanjahu muss sich hinter die vom grassierenden Antisemitismus gebeutelten Juden Frankreichs stellen; Abbas muss seinen Schulterschluss mit Hamas noch besser an die EU-Elite verkaufen. Daneben laufen ja monarchistische Magnifizenzen auf, denen der republikanische Gedanke eher fremd sein dürfte. Das europäische Haus hat ein sehr weites Herz. Staatspolitiker wie Holland und Merkel haben ein Interesse an staatstragender Gemeinschaft, die Spaltungsideen der Rechten und Islamisten stören den inneren funktionierenden Betrieb. Wie weit die Muslime in Frankreich die liberale Republik stützen, wird die weitere Praxis zeigen, die Zeichen von der Demo in Paris geben blasse Hoffnungsgründe.
In Deutschland scheint das Hauptinteresse der Muslimverbände die Anerkennung und pekuniäre Gleichstellung mit z.B. den christlichen Kirchen zu sein. Das bedeutet konkret: Steuerzuwendungen, Einrichtung von Lehrstühlen an den Hochschulen und Islamuntericht an öffentlichen Schulen. Kurzum, die Basislegung für einen europäischen Islam soll vom Staat mit betrieben werden. Ich vertrete einen Gegenstandpunkt: Religion soll Privatsache werden und die Kircheneprevilegien müssen endlich fallen. Ich glaube auch nicht,dass der Djihadismus nichts mit dem Islam zu tun hat – er ist ein Teil des Islam und die Muslime müssen das Thema klären. Und ich möchte auch nicht auf fruchtlose theologische Debatten warten, die djihadistischen Netzwerken die Zeit verschaffen,um sich hier auch mit Staatsknete festzusetzen und ihr idelogisches Gift vom Kalifatstaat mit langem Atem in die Gesellschaft zu injizieren.
Mein Beileid gehört den Opfern und Angehörigen dieser Mordbrenner. Es muss doch einen Weg geben,die Religionsfreiheit zu erhalten ohne den Staat und die Gesellschaft weiter mit Religion aufzuladen. Und diesen Spannungsidelogen von AfD, Pegida und Djihadfans gehört auch endlich das Wasser abgegraben.
Interressante aktuelle Texte zum Thema:
– Freiheit kann man erschießen
– “Das hat nichts/etwas mit dem Islam zu tun” Teil II
– Ich bin nur ganz kurz Charlie Hebdo – Spaltung ist Freiheit
– Linksammlung SonntagsGesellschaft
– Nico Sarcozy war in Paris ganz vorne mit dabei,wo noch?
Suburbia
Nach langer Ausschau habe ich mit ein paar FreundInnen ein Haus am südwestlichen Stadtrand von Berlin gefunden. Im Sommer war die Auflösung der alten Wohnung in Mitte – ich (resp. mein Anwalt) streite mich noch heute mit der Hausverwaltung über völlig ausgedachte Forderungen Im Juni war dann endlich der Umzug nach Suburbia. Die Umzugskartons sind weniger geworden und nun steht der erste Winter im dörflichen Ambiente vor der Türe.
In Berlin lässt man sich erst einmal in Ruhe wurschteln, Ansprüche an die Nachbarschaft werden freundlich, kurz und knapp vorgetragen. Glücklicherweise wohnen die Familienhaufen mit Kleinkindern entfernt genug,um mir nicht auf die Nerven zu gehen. In jedem zweiten Haus wohnen Hundehalter mit oft ungezogen vereinsamten Haustieren. Aber was ist das Bellen von so irregeleiteten Wesen schon im Vergleich zum Metropolemtrash samt dem geballten Elend?
Ich habe beschlossen,wieder zu bloggen. Mein Ausflug in die liberal-libertären Strömungen hat mich schlussendlich in der praktisch-politischen Konsequenz nicht begeistert. Das bedeutet aber keine Rückkehr zur Linken,hier ist das Band bis auf wenige theoretische Gemeinsamkeiten zerschnitten. Der desaströse Zustand der Bundes-FDP und die parlamentarische Vaporisierung der Berliner Liberalen nach der letzten Abgeordnetenhauswahl sind Anzeichen für einen Untergang liberalen Denkens,der schmerzt. Mein zentrales Kriterium, den Etatismus und die mit ihm verbundenen Heilsbotschaften zu hinterfragen und zu kritisieren, wurden von den aktuell tätigen Liberalen mit nur wenigen Ausnahmen mit Pragmatismus und commom sense beantwortet. Diese sichtbar instrumentelle Vernunft hat den Charakter von öffentlicher Dienst Mentalität,die ich zutiefst verabscheue. Sie schlägt sich finanziell im Einkommen nieder,es fliessen zwei Drittel meiner Einnahmen in den Staatshaushalt, an dem sich soviele Grüppchen dann nähren wollen – ohne relevante Gegenleistung nur mit dem Ziel des Selbsterhaltes.
Ich werde mich sicherlich weiter mit Ideologieerscheinungen, Staatsromantiken und Kulturphänomenen befassen, die säkularen Restbestände der modernen Gesellschaft sezierend betrachten und der Befreiung des Individuums von kollektiven Zwängen das Wort reden. Wenn sich kollektivistisch ausgerichtetes Pack streitet oder schlägt, sehe ich mich nicht aufgefordert, dem kleineren Übel den Vorzug zu geben.
In diesem Sinne melde ich mich zum Jahresende 2011 wieder zurück.